Jutta Niemann zur Weltklimakonferenz in Glasgow

Am 11. November 2021 war das Thema der aktuellen Debatte in der Plenarsitzung des Landtags die Weltklimakonferenz in Glasgow. Diskutiert wurde, wie sich Baden-Württemberg für eine Welt auf dem 1,5-Grad-Pfad einsetzt. Für die Grüne Fraktion hielt Jutta Niemann als Sprecherin für Energie- und Klimapolitik eine Rede. Sie verdeutlichte, warum das 1,5°-Ziel so wichtig ist, wie Baden-Württemberg sich schon für dessen Erreichen einsetzt, und wie es weitergehen soll:

„Aktuell wird in Glasgow unser aller Zukunft verhandelt! Die internationalen Klimaverhandlungen sind entscheidend. Die Klimakrise ist eine globale Krise mit globalen Auswirkungen. Nur zusammen – als Weltgemeinschaft – können wir diese globale Krise bekämpfen. Nur zusammen können wir eine klimagerechte Zukunft gestalten und nur zusammen können wir in einer globalisierten Welt Klimaschutz wirklich umsetzen. 

Baden-Württemberg ist bei diesen Klimaverhandlungen mitten drin. Mit einer Delegation mit unserem Ministerpräsidenten und unserer Umweltministerin bei den Verhandlungen in Glasgow und bei der Generalversammlung der Under2Coalition – und das ist auch gut so. Es ist wichtig, das Baden-Württemberg mit am Tisch sitzt, wenn unsere Zukunft verhandelt wird. Unsere Vertreterinnen für Baden-Württemberg stehen für ambitionierten Klimaschutz. Dafür die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und dafür, dass eine Industrieregion eben dies schaffen kann.

Diese Herausforderungen zu meistern, ist international unsere Verantwortung gegenüber den Menschen, die besonders stark unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden. Den Menschen, die aufgrund von Dürren oder Überflutungen keine Lebensgrundlagen mehr haben. Und wir stehen in der Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen. Als Demokratinnen ist es unsere Verantwortung, die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen zu wahren!

Ein großer Beitrag Baden-Württembergs für den internationalen Klimaschutz ist die Gründung der Under2Coalition. Über 260 Staaten und Regionen aus sechs Kontinenten stehen heute in der Under2Coalition für ambitionierten Klimaschutz. Dieses Bündnis ist bedeutend, denn in den meisten Fällen sind es eben gerade die im Bündnis vertretenen Ebenen, die für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen verantwortlich sind.

Und genau darum geht es beim Klimaschutz. Um die Umsetzung!

Der neueste Bericht des IPCC ist eindeutig. Er ist alarmierend. Wir müssen handeln – und zwar jetzt.

Zur Verwirklichung ambitionierten Klimaschutzziele braucht es Mut. Denn richtig ist: Der Erhalt unser aller Lebensgrundlagen ist keine einfache Aufgabe! 

Es geht nicht nur darum, ein, zwei neue Technologien einzuführen. Es geht auch nicht nur darum, ein bisschen Energie zu sparen – darum geht es auch.

Es geht um eine umfassende Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft. Das betrifft alle – Politik, Unternehmen und Bürginnen und Bürger.

Diese Transformation braucht mutiges und entschiedenes Handeln. Und hier geht Baden-Württemberg gemeinsam mit den anderen Regionen der Under2Coalition voran.

Mit dem Baden-Württembergischen Klimaschutzgesetz haben wir ein starkes Gesetz verabschiedet, um Baden-Württemberg auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Und mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung:

  • Wir bringen den Ausbau der erneuerbaren Energien voran – konkret mit der umfassendsten PV-Pflicht in ganz Deutschland und der Verankerung des Flächenziels von mindestens 2% für Wind und Freiflächen-PV
  • Wir bringen die Wärmewende voran – konkret mit kommunalen Wärmeplänen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung
  • Wir bringen Schwung in die Verwaltung von morgen. Mit einer klimaneutralen Landesverwaltung bis 2030.

Aber: Das reicht noch lange nicht aus.

Wir brauchen dringend eine Beschleunigung – Ziel ist eine Halbierung -der Genehmigungen, insbesondere für Windräder.

Dafür hat die Landesregierung die Einrichtung einer Task Force beschlossen:

Sie prüft unter anderem die Standardisierung und Digitalisierung von Anträgen, schnellere Rechtsentscheidungen bei Einsprüchen und verbindliche Konzepte für Ausnahmeregeln beim Artenschutz. Identifizierte mögliche Maßnahmen sollen umgehend umgesetzt werden.

Das Land unterstützt zudem aktiv die Energiewende und stellt dafür dringend benötigte Flächen bereit. Im Oktober startete die erste Ausschreibung der Vergabeoffensive für Windkraftanlagen im Staatsforst. Insgesamt über 3000 Hektar an sieben Standorten wurden für Windkraftprojekte ausgeschrieben.

Klares Kriterium beim Ausbau ist, dass die Windräder im Forst, also nur in wirtschaftlich genutzten Wäldern errichtet werden, unter klarer Rücksicht auf Natur- und Artenschutz.

Es wird eine Veränderung sein, ja, aber wir brauchen den sauberen Strom, denn der Erhalt der Wälder selbst ist davon abhängig, ob wir die Klimaerwärmung auf ein Minimum beschränken können.

Das ambitionierteste Klimaschutzgesetz Deutschlands, eine Task Force für Erneuerbaren Energien und eine Vergabeoffensive für Windkraftanlagen im Staatsforst – diese Maßnahmen hat die grün-schwarze Landesregierung zusammen mit den Regierungsfraktionen in nur wenigen Monaten nach der Regierungsbildung beschlossen und verabschiedet. Das ist das Tempo, das wir uns vorstellen.

Angesichts der vor uns liegenden Aufgabe können wir uns dafür aber nicht gegenseitig auf die Schultern klopfen. Wir müssen weitermachen. Denn bis zum Ziel der Klimaneutralität bleiben nur noch 18 Jahre. Dafür ist ein Sprint auf dem 1,5 ° Pfad bis zum Ziel der Netto-Null nötig.

Damit wir diesen Sprint schaffen, müssen wir direkt die nächsten Maßnahmen angehen.

Konkret bedeutet das:

Jeder Sektor muss nachweislich seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Mit gesetzlich festgeschriebenen Sektorzielen schaffen wir es, dass in allen Bereichen Klimaschutz wirklich umgesetzt wird.

Und ganz wichtig: Die Sektorziele müssen mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden. Und wir müssen kontrollieren, ob diese Maßnahmen auch ausreichen. Und wenn wir feststellen: diese Maßnahmen reichen nicht aus – dann müssen wir mit zusätzlichen Maßnahmen gegensteuern.

Und genauso, wie es international nur zusammen geht,  geht es auch nur gemeinsam mit  allen Politikbereichen! Wir brauchen konkrete Klimaschutzmaßnahmen beim Bauen, bei unserer Energieproduktion, in der Wirtschaft, in der Mobilität und in der Landwirtschaft. Alle müssen mitziehen!

Wir haben nur noch sehr wenig Zeit, um Klimaneutralität zu erreichen. Deswegen können wir es uns nicht leisten, auch nur einen Schritt in eine falsche Richtung zu gehen. Es darf keine Förderungen mehr geben für Dinge, die nicht im Einklang mit einer Klimaneutralität 2040 stehen.

Deswegen müssen wir schnell den sogenannten Klimavorbehalt für jedes Förderprogramm verankern. Jede Förderung, jedes Gesetz des Landes muss uns eine lebenswerte, klimagerechte Zukunft sichern.

Und das soll nicht nur bei uns in Baden-Württemberg gelten. Auch der Bund muss dafür den richtigen Rahmen vorgeben.

Dort müssen nun endlich die Weichen auf den 1,5 Grad Pfad eingestellt werden. Wir brauchen dringend eine Reform des EEGs, das z. B. den Bau von Solaranlagen für alle einfach macht – Hauseigentümer*innen und Mieter*innnen und den Bau von Windrädern auch für Genossenschaften wieder leistbar, ein ambitionierteres Gebäudeenergiegesetz, den Kohleaussteig bis spätestens 2030, ein Umdenken bei der Verkehrsplanung, den Abbau klimaschädlicher Subventionen, und und und…

Die Landesregierung, viele Kommunen aber auch viele Unternehmen wollen Klimaschutz umsetzen, das geht nur dann erfolgreich, wenn auch auf übergeordneten Ebenen die richtigen Rahmenbedingungen gelten!

Die Verhandlungen von Glasgow zeigen aktuell, dass es für die Umsetzung von Klimaschutz Vorbilder braucht. Baden-Württemberg ist eines dieser Vorbilder. Lassen Sie uns hier ambitioniert und schnell weitermachen, damit wir alle gemeinsam auf den 1,5 Grad Pfad gelangen.“

 

Die vollständige Rede können Sie sich hier anschauen.

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